Scampis „Montréal“ von Giovanni Cavestri
Scampis «Montréal» de Giovanni Cavestri
Scampi „Montréal“ di Giovanni Cavestri
Food Photo and Art – Reiner Grundmann
Giovanni Cavestri

Brigitte Bardot; Quelle: Yahoo style

P R O L O G
Michael Buck
Die Garnele

Dieser Tag im Mai, blitzblank geputzt, ein Schultreffen war angesagt, zuerst wollt‘ ich doch gar nicht hin, hab‘ mich dann doch dazu bewegt, mich darauf einzulassen um zu sehn, in die Gesichter, die ich so lange nicht mehr fand,‘ ne halbe Ewigkeit war es bei einigen wohl her, schon dreißig Jahre und noch mehr,
da standen wir, ein paar zuerst, dann immer mehr, mit großen Augen, beinahe, wie es damals war, als wir, die Schultüte in beiden Händen hielten, und, noch ahnungslos, nicht wissend was, da wohl alles auf uns zukommen könnt, im weiten Rund, doch wurds bald witzig und gelassen, wir erzählten aus der langen Zeit, und wir tauschten unsere Geschichten aus, denen wir so staunend lauschten,
dann hab‘ ich dich gesehen, ich hatte niemals mehr an dich gedacht, wir waren auch nie in einer Klasse, doch saßt du nun ganz zufällig, beim Abendessen neben mir, es wurde aufgetischt, es gab Garnelen, in roter Soße, noch im Gerüst, du zeigtest mir, wie man sie isst, mit Messer und mit Gabel, den Willen dazu hatt ich wohl, doch fand ich meine Grenze, und nicht den Weg, so wurds ein fürchterliches Rumgemetzel,
sehr früh bist du gegangen, du sagtest noch, du hättest Wichtiges zu tun am nächsten Tag, da hast du wirklich was verpasst, wir tanzten noch, zu der Musik, die aus den 70’ern kam, bis zum Morgengrauen, ach hätt‘ ich das gewusst, dass du uns schon verlässt, ich hätt‘ versucht, dich festzuhalten, hätt‘ dich umklammert und gedrückt, doch du bist mir entglitten, wie die Garnele kurz zuvor, die mir vom Teller fiel,
charmant, wie ich dich damals fand, vielleicht ein wenig schüchtern, doch sehr apart, hätt‘ gern noch mehr erfahrn von dir, deiner Vergangenheit, und deiner netten Art, ich denke noch ab und zu an dich, viel öfter wohl, als du an mich, und häufiger als ich versuch‘ zu pressen, Garnelen aus dem Panzer raus, mit meinem Essbesteck, um sie danach, genüsslich aufzuessen.
© meb 2007
Z U T A T E N

- 200 g Scampis
- 2 Kaffeelöffel feingehackte Schalotten
- 1 EL Petersilie
- 20 g Butter
- 250 ml Wasser
- 250 ml Hühnerbrühe
- Bunter Pfeffer aus dem Mörser
- Cayennepfeffer
- 5 EL Sahne (Schlagrahm)
- 1 feingeschnittene Anchovis (ich habe 2 genommen)
- Saft von einer halben Zitrone
- 1 Kaffeelöffel Kräuter der Provence (Herbes)
- 1 Kaffeelöffel scharfer Senf (…ich habe 2 TL Dijonsenf genommen)
- 1 bis 2 EL Weinessig (mir waren 2 EL suspekt – ich belies es bei einem und zwar Sherry-Essig.)
- 5 Kaffeelöffel Zucker
- 3 EL Rotwein – ich habs nach Gefühl reingegossen, aber das waren wohl so etwa 3 bis 4 EL
- 1 EL Pernod oder Ouzo, der Pernod ist etwas weicher
- 2 Kaffelöffel Blue Curaçao
- nach Bedarf: eiskalte Butter, und/oder etwas dunkles Weizenmehl, wer gründlich bei großem Feuer einreduziert, kann sich auch das Mehl sparen. Butter und Wein sind Geschmackskatalysatoren par excellance.
- Weißbrot oder Baguette für die restliche Sauce ;o)
- Feines oder gemahlenes fleur de sel bei Tisch
Z U B E R E I T U N G

Die Schalotten schälte ich, hackte sie fein und dünstete sie mit – nicht ganz so fein gehackter Petersilie, wie ich es wollte – in zerlassener Butter.

1/2 Liter von Wasser und Brühe zu gleichen Teilen goss ich leicht an, gab Pfeffer, Cayennepfeffer, Sahne, Anchovis, Zitronensaft, Kräuter der Provence, Dijon-Senf, Sherry-Essig, Zucker dazu und kochte alles leicht auf.

Den Rest der Brühe mit dem Wasser goß ich auf und lies das „Strafgericht des Königs“ über der Sauce hereinbrechen – einen Cour du Roy Bordeaux von 2018, ein wenig gehobener für meine Verhältnisse im Preis, aber wie Anthony Bourdain immer sagte – angegossen wird kein Kochwein, sondern das Stöffchen, das wir auch saufen würden – gesagt getan, ich will doch Anthony nicht widersprechen.

Quelle: Wikipedia
Mit dem Rotwein, dem Pernod oder Ouzo und dem Blue Curaçao schmeckte ich alles kräftig ab.
Jetzt gibt es zwei Möglichkeiten, entweder man gibt die Scampis in die Sauce und wärmt sie kurz auf – auf gar keinen Fall sollte man sie zu elastischen Goodyear Produkten totgaren – zu Michelin-Gummireifen nur, wenns die gleichnamigen Sterne dafür hagelt.
Oder man serviert sie kalt separat – vorgekocht – und dippt sie in die excellente Sauce, auch löffeln der Sauce dazu ist erlaubt. (…von mir hähähä)
20 Minuten meines Lebens tauchte ich in einer Sauce. Das ist neuer Rekord. Ein Traum.
Bon Appetit

D A S K O C H B U C H

Giovanni Cavestri, Soßenweltmeister mit Auszeichnung Ehren-Grand-Maître, Goldener Löffel, Medaille d`Or, Spitzenkoch 1959 Mexiko, 1969 Las Vegas; 1970 Mexiko.
„Weltmeister-Saucen leicht gemacht “
Giovanni Cavestri, copyright: 1974, Neuwieder VerlagsgesellschaftmbH, Neuwied,
ASIN : B002C2WYG2
E P I L O G
Rosemarie Nitribitts Mercedes 190 war schwarz – mit roten Sitzen. Aber Film kann alles.