Dorade aus der Salzkruste, Schlosskartoffeln und Artischocken.
Vorspeise: Artischocken an Kräuter-Mayonnaise.
Daurade de la croûte de sel, pommes de terre du château et artichauts.
Apéritif: artichauts avec mayonnaise aux herbes.
Orata dalla crosta di sale, patate di castello e carciofi. Antipasto: carciofi con maionese alle erbe.
Food, Text and Art Reiner Grundmann


P R O L O G
Psst. Meine Metzgerin, die Frau Pristownik, hat mir ein Kochbuch vom Witzigmann geschenkt. Das hätte sie nicht tun sollen.


Die Artischocke – von mir für mich wiederentdeckt in diversen Rezepten von Auguste Escoffier und Eckart Witzigmann – derer ich mich jedoch nur sporadisch bediente und etwas draus gezaubert habe.
Ich hab wieder viel gelernt dabei.

Zunächst musste ich lernen, dass der EDEKA zuverlässig Artischocken zum gewünschten Termin besorgt – wenn man das möchte.
Was kann man von einer Artischocke eigentlich essen?
Wie schneidet oder filettiert man Artischocken?
Wie schmecken die mit und ohne Vinaigrette oder isst man eine Mayonnaise dazu?
Artischocken passen gut zu Fisch liest man und voila, Witzigmann, Bocuse und Escoffier kochen sie entweder als Delikatesse, die für sich allein stehen kann oder als Beilage zu: Fisch.
Die toten blassen Teile aus dem Einweckglas können es nicht sein, also müssen Richtige her wusste ich sofort und ich muss mich der Gefahr aussetzen, bei der Zubereitung Fehler zu machen – weil mein erstes Mal, oder muss es mein erstes Mahl heißen? Zumindest mein erstes Mahl mit Artischocken.
Eigentlich gehts mir gegen den Strich – aber Fakt ist – es muss unheimlich viel von der gekochten Artischocke weggeschnitten, herausgerissen, abgeschabt werden, bis man auf das Herz und den sehr delikaten Artischockenboden trifft.
Schuppen hat die Avokado wie ein Gürteltier und gar ist sie, wenn diese holzigen harten Blätter der Frucht sich leicht lösen und herauszupfen lassen. Die inneren zarteren Blättchen sind heller aber immer noch kann man nur – genüsslich – wie von einem winzigen Degustationslöffel ein wenig von dem essbaren cremeartigen Fruchtfleisch ablecken, das an der „Wurzel“ beim Herauslösen hängengeblieben ist.
Zurück bleibt der Artischockenboden und auf ihm eine grasartige „Kurzhaarfrisur“ in lindgrün bis rot, die man jedoch genauso wenig essen kann, wie die holzigen Schuppen. Also wird das trockene Gras ebenfalls entfernt (…wer jetzt auf dumme Gedanken kommt – nein man kann es weder essen und auch nicht rauchen)
Zurück bleibt der Artischockenboden, den man nun kochen oder braten kann. In den meisten Rezepten wird der schmackhafteste Teil dann geachtelt und manchmal z.B. mit gebratenen Kartoffeln und….Fisch verzehrt.
Ich habe die Artischocken nur vom äußeren Kleid befreit und die zartgrünen inneren Blätter dran gelassen. Seziert, das Gras entfernt, mit der Portwein-Butter-Sauce begossen und genossen wird die Delikatesse dann bei Tisch.
In Moskau hab ich Liebe genossen, ist ganz was anderes, nur mal an jene Zeitgenossen, die partout meinen, Interpunktion und Groß- Kleinschreibung könne man vernachlässigen. So etwas wie liebe Genossen zu haben ist ja auch schön – dass ich in Moskau Liebe genossen hätte, wäre auch frech gelogen – das verbitte ich mir energisch – es war in St. Petersburg.

Witzigmann hat ein Seezungenrezept, ich hab eine Dorade genommen und sie – wie so oft in Frankreich erlebt – in einer Salzkruste im Ofen gegart.
Dazu gab es Schlosskartoffeln nach Escoffier und rasch habe ich aus der Butter, die zum Garen der Kartoffeln verwendet wurde, mit Portwein, Rotwein und Schalotten eine schnelle Sauce montiert, die mit Pfeffer und Salz gewürzt und bei hoher Temperatur reduziert wurde, bis sie sämig und nicht mehr flüchtig war.
Die gekochten Artischocken, die zum alleinigen Verzehr bestimmt sind, ergänzt man mit einer Mayonnaise zum dippen oder auflöffeln, die ich aus verschiedenen Informationen interpretiert habe.
Z U T A T E N

5 große Artischocken
1 Charlotte ;o)
1 – 2 EL Senf aus Dijon
10 – 12 Kapern aus dem Glas
2 Eier
5 EL Zitronensaft
1 TL abgeriebene Schale von 1 Bio-Orange
1 – 2 TL frisch geriebener Meerrettich oder Apfelmeerrettich aus dem Glas
3 TL Mayonnaise, selbstgerührt
1 – 2 EL Weißwein, trocken
Pfeffer aus der Mühle
Salz
100 ml Sonnenblumenöl
1/2 Bund Petersilie
Reblochon Käse
Schnittlauch
Thymian, gerebelt (…auch Estragon wäre in dieser Kategorie.)
1 mittelgroße Dorade
2 Eier (…das Eiweiß)
ein kräftiger Schuss trockener Weißwein
Mehl
Petersilie
1 kg Meersalz
5 – 6 kleine Kartoffeln, geschält – z.B. La ratte.
Z U B E R E I T U N G

Zunächst gab ich 2 Eier und den Dijonsenf in eine Schüssel und rührte mit dem Stabmixer, bis es eine homogene Masse ergab. Dann lies ich zunächst tröpchenweise dann nach und nach das ganze Öl dazu laufen und mixte 3 – 4 Minuten weiter.
Es folgte etwas Weißwein, Schnittlauchröllchen, der Apfelmeerrettich, die Kapern, gehackte Petersilie, gerebelter Thymian, die Orangenschale sowie Pfeffer und Salz und verrührte alles mit einem Schneebesen, bis es eine schöne Kräutermayonnaise für die Artischocken abgab.

Die drei Artischocken wurden von den Strünken befreit, ebenso schnitt ich die obersten Blattspitzen ab, behandelte die Schnittstellen gleich mit 2 EL Zitronensaft, um zu verhindern, dass sie schwarz werden, und dann erst 40 Minuten – dann noch mal 20 Minuten gekocht – Witzigmann hatte bei seiner Garzeit wohl kleinere Artischocken als ich berücksichtigt, meine waren nach 40 Minuten noch zu hart.
Das Kochwasser enthielt ca. 100 ml Olivenöl, 1 Knoblauchzehe, 1 geschälte und halbierte Schalotte, den Saft einer halben Zitrone und Thymian, frisch geschnitten. Außerdem ein wenig Zucker und Salz.

Serviert wurde mit der Kräutervinaigrette und ein wenig fleur de sel.
Wenn man mal verstanden hat, dass tatsächlich nur die Artischockenböden wirklich delikat und essbar sind, ist es ein für mich völlig neues Erlebnis gewesen – sehr fein – ganz anders als Artischocken aus dem Glas auf einer Pizza.

Diese Vorspeise kann man variieren, indem man einfach die Saucen und Vinaigrettes verändert, oder die Artischockenböden brät, nach dem Kochen..
Als Hauptspeise gab es dann noch mal Artischocke in gleicher Weise zubereitet, Dorade aus der Salzkruste und Schlosskartoffeln nach Escoffier.
(..ich bin nicht der Weltmeister, wenns ums Verdrücken von großen Portionen geht, der Fisch mit den Kartoffeln und der Artischocke ging erst am nächsten Tag.)
Für den Fisch mischte ich etwa 1 kg grobes Meersalz mit dem Eiweiß von 2 Eiern, mit etwas Weißwein und 2 – 3 EL Mehl, Die Masse wurde gründlich mit den Händen vermengt und auf einem Blech ein Bett für die Dorade geschaffen. Die Dorade hatte ich außen und innen mit Pfeffer und Salz gewürzt und sie mit Petersilie und Zitronenscheiben gefüllt.
Jetzt legte ich das Fischlein auf das Salzbett und packte es komplett mit der Masse ein.
So bleibt das Fischfleisch saftig und würzig. Im Ofen bei 160 Grad garte der Fisch 1 Stunde lang. Parallel kochten die Artischocken auf kleinem Feuer – auch für 1 Stunde und die Schlosskartoffeln schrien einstimmig nach meiner Aufmerksamkeit, sie garten bei niedriger Stufe, von Salz bestreut, in ca. 100 bis 150 g zerlassener Butter. Wenn sie gar sind, dann sind sie rundum gebräunt und haben sich mit der Butter aus der Pfanne vollgesogen.
Wie oben beschrieben zauberte ich später noch eine Portwein-Sauce mit der Butter von den Schlosskartoffeln.
16:10 Uhr. Grundman schaltet alle Platten ab und den Ofen – die Kartoffeln sind noch weiß, die Artischocken nicht ganz durch und der Fisch braucht noch 10 Minuten.
Egaaal. Der Biergarten auf dem Kunigundenberg ruft laut hörbar.

Eine liebe Genossin, um beim Thema zu bleiben, aus Jugendtagen hat sich auf die Tagesreise von Nürnberg nach Lauf gemacht und wir treffen uns auf ein Radler und ein Wasser.
(Richtig gelesen…das Zeug, wo normalerweise Fische drin rumpaddeln, jo, kann man auch trinken.)
Und viel zu „bequatschen“ gabs auch.
Kurz vor Sonnenuntergang war der Groundman wieder daheim und nach zehn Minuten stand das Essen auf dem Tisch.
Rasch, rasch – auf einem Teller die Artischockenherzen mit den Böden anrichten, die Schlosskartoffeln und den filettierten Fisch, den ich vorsichtig mit einem Löffel aus der jetzt harten Salzkruste geklopft habe. Portweinsauce angießen und:
Dinieren.
„Essen“ zu sagen wäre für diesen Teller zu profan.
Bon Appetit
