Wildschweinragout in Rotwein „Les Halles NY“ an Möhren nach Art der Phillipine Welser
Ragoût de sanglier au vin rouge „Les Halles NY“ sur des carottes à la Phillipine Welser
Ragù di cinghiale al vino rosso „Les Halles NY“ su carote nello stile di Phillipine Welser
Food, Photos und Text: Reiner Grundmann


„Les Halles“ NY
Z U T A T E N
für 2 Personen
Wildschweinragout

…das Fleisch in der Pfanne hat 20 – 24 Stunden zugedeckt im Kühlschrank durchgezogen, in Rotwein, Schalotte, Karotte, Lauch und Knoblauch.
- 400 g von der Wildschweinschulter
- 1 Schalotte (oder 1/2 Zwiebel)
- 1 kleine Karotte
- 20 cm vom Lauch
- 2 Knoblauchzehen
- 2 – 3 Tassen kräftiger, fruchtiger Rotwein wie Burgunder oder Merlot.
- 1 EL Olivenöl
- 2 EL gute Butter (….gibts schlechte Butter?)
- Meersalz
- schwarzer Pfeffer aus der Mühle
- 1 EL Mehl
- 1 bouquet garni
- 1 EL Rotweinessig (oder Kräuteressig)
- 1 TL geraspelte bittere Schokolade (…ich habe ein wenig bittere Kuvertüre genommen.)
- 1/4 Tasse gehackte Petersilie

Z U T A T E N
Karotten nach Phillipine Welser

Der Grundmann ist schon da, kaum, dass die Kisten aus dem Lieferwagen raus sind.
Photo: Heike Breuksch
- 200 g Karotten
- 1 Schalotte oder 1/2 Zwiebel
- Schmalz oder Butter
- Wasser oder Brühe
- 2 – 3 Prisen Zucker
- 1 – 2 Prisen Salz
- 1/8 Liter Sahne
- eine Handvoll gehackte Petersilie
- Majoran
- schwarzer Pfeffer aus der Mühle
- Butter
bouquet garni

Ein Bouquet garni oder Kräutersträußchen ist eine Kräutermischung. Sie besteht aus verschiedenen Kräutern, die zusammengebunden oder in ein Baumwollsäckchen gefüllt werden. Das Bouquet wird zum Aromatisieren von Bouillon, aber auch von dickflüssigeren Suppen, Eintöpfen und Schmorgerichten mitgekocht und kurz vor dem Servieren entfernt.
Traditionell besteht es frisch aus Petersilie, Thymian und einem Lorbeerblatt. Getrockneter Thymian wird meist in ein Lauchblatt gehüllt, um zu vermeiden, dass sich harte Krautbestandteile im Gericht verteilen.
Je nach Verwendungszweck kann das Bouquet garni variiert werden: So werden für Lamm oder auch rote Saucen andere Kräuter wie Basilikum, Sellerieblätter, Pimpinelle, Kerbel, Estragon, Rosmarin, Bohnenkraut oder auch Komponenten wie Zitronenschale und Wurzelgemüse verwendet. Das Bouquet für Schweinefleisch enthält meist Salbei, Thymian und Majoran, das für Geflügel Sellerie, Petersilie, Thymian, Majoran, Estragon und Lorbeer. Ein Bouquet für Meeresfrüchte besteht üblicherweise aus Dill, Estragon und Zitronenschale.
Z U B E R E I T U N G
Wildschweinragout. Zuächst werfen wir einen Blick in die Speisekammer. Herr Maggi und Herr Knorr liegen gefesselt und geknebelt im Halbdunkel. Es kann los gehen.
Wieder eine Session mit Anthony aus dem „Les Halles“ NY.
Die Einkäufe stehen in der Küche auf dem Tresen – es kann los gehen. Im Gefrierfach meines roten Kühlschranks (…ich hab auch noch einen silberfarbenen.) fanden sich noch 800 g Wildschweinfleisch von der Schulter. Danke Claus Gerstacker – du kannst ruhig mehr Wildschweine schießen – macht sich immer gut in meiner Pfanne.
Ein passables Stück mit 400 g schneiden wir gleich nach dem Auftauen in Würfel – 5 mal 5 Zentimeter ist die Vorgabe von Anthony – was aber nicht geht, das 400 g Stück ist zu eigenwillig geformt. Also schneide ich so vor mich hin – Anthony schluckt hörbar dazu, er würds anders machen, ich bin mir sicher.
Die Schalotten schneide ich in dünne Scheiben, welche trotzdem ein wenig blättrig zerfallen. Die geschälte Karotte kappe ich in Stückchen, den Lauch in feine Scheibchen und den Knoblauch in gleicher Weise, nur viel dünner. Die Good Fellas aus dem gleichnamigen Film mit Robert de Niro nehmen eine Rasierklinge zum Schneiden – nächstes mal wieder.
Gemüse und Fleisch gab ich in eine Schüssel und bedeckte es mit dem Rotwein – einem Merlot mittlerer Preisklasse. 24 Stunden marinierte das Fleisch zugedeckt im Kühlschrank.
2. Tag; Zubereitung
Das gut durchgezogene Wildfleisch nehmen wir aus dem Kühlschrank und gießen alles durch ein Sieb. Schüssel drunter, sonst wars das mit der guten Marinade – die wir noch für die hervorragende Sauce brauchen. Jetzt klauben wir Fleisch und Karotten aus dem Sieb und heben Marinade, Gemüse und Schweineschulter separat auf.
Das trocken getupfte Fleisch würzen wir mit Pfeffer und Salz.
In einer schweren Kasserolle will Anthony den nächsten Arbeitsgang organisieren – die Pfanne tats auch. Ich habe Olivenöl bei mittlerer Stufe darin erhitzt und dann 2 – 3 EL Butter schaumig werden lassen in dem heißen Öl.

Sobald die Butter sich beruhigt hat, die Fleischstücken in die Pfanne legen und mit einer Küchenzange wiederholt drehen und allseitig scharf anbraten. Beiseite stellen.

Jetzt das Gemüse in den Sud geben und so lange auf mittlerem Feuer braten, bis es braun karamellisiert. Anthony gab nun 1 EL Mehl dazu, verrührte es und briet das Gemüse noch mal 2 Minuten.

Etwa 50 ml von dem Merlot ergossen sich in die Pfanne und Anthony reduzierte bei großem Feuer auf die Hälfte. Am Schluß gab er noch die Rotweinmarinade dazu, in welcher das Porcus über Nacht gebadet hatte, ebenso das Fleisch und – so Sie haben – das bouquet garni, welches vor dem Servieren wieder entfernt wird.
Nach kurzem Aufkochen durfte das Schweinderl jetzt eineinhalb Stunden auf niedriger Stufe köcheln, nicht ohne eine Würze aus Pfeffer und Salz, die ich sparsam beigab – ich habe beim Herd von 10 Stufen die 4 genommen.
Wenn das Fleisch sehr weich ist, nehmen wir das Gemüse und das Fleisch aus dem Sud und seihen ihn durch, um das ausgekochte Gemüse von der Soßenbasis zu trennen. Sollten noch feste Bestandteile im Rotwein-Gemüse-Sud sein, so fischen wir diese heraus.
Wann ist eigentlich Fleisch sehr weich? Anthony hat es mir deutlich gesagt und gezeigt:
„Junge, wenn du das Fleisch mit einem Löffel zerteilen kannst, dann ist es durch und weich.“
Jetzt kommt die Krönung – die Sauce wurde mit wenigen Nuancen und Zutaten seeehr veredelt. Sie schmeckte jetzt schon so hervorragend, dass ich gesagt habe –
„Warum noch Schokolade und Kräuteressig reingeben, womöglich wird sie nie wieder so gut, wie sie jetzt nach dem Abseihen ist.“
Kurz erhitzten wir Fleisch und Möhren noch mal in der Grundsauce und legten beides dann für das Finale zurecht. Es kostete Überwindung, aber ich lies einen viertel bis halben Teelöffel zartbittere Kuvertüre und einen winzigen Schluck – vielleicht einen halben Teelöffel von dem Kräuteressig – in die Sauce tropfen.
Meine Nachbarn müssen sich über das Federvieh gewundert haben, das plötzlich aus meinem Küchenfenster stob.
„Mir hatte es beim Probieren die Vögel rausgehauen.“
Leider habe ich jetzt auch keine Beschichtung mehr in meiner Pfanne, so hab ich gekratzt, um nur ja den letzten Tropfen Rotwein-Bratensauce aus der Pfanne zu holen.
Das Fleisch drapierte ich auf meinem Teller und auf jenem meines Sohnes. Andächtig verteilte ich die nach Schokolade, Wein, Schulterbraten und sehr fein nach Essig duftende Sauce darum herum. Die Zutaten hatte ich wohl so glücklich erwischt von der Menge, dass alle Nuancen zu ihrem Recht kamen und nichts dominierte.

In der letzten halben Stunde vor Ende der Garzeit hatte ich Karotten nach Phillipine Welser zubereitet.
Phillipine Welser, Autorin des ersten bekannten Kochbuches, das wohl überwiegend aus der Feder ihrer Mutter stammt.

1527 – 1580
Die geputzten und geschälten Karotten gab ich in einen Topf in zerlassene Butter. Gewürzt wurde wieder mit 1 – 2 Prisen von Zucker und Salz. Deckel aufgesetzt schmorten die Karöttschen circa 5 Minuten. Flüssigkeit hatte sich ausreichend gebildet und ich schwenkte die zarten Babys mehrmals durch. Notfalls hätte ich etwas Wasser oder Brühe angegossen – war aber nicht erforderlich.

Vor dem Servieren gab ich noch die Sahne, gehackte Petersilie und gerebelten Majoran zu und schmeckte mit schwarzem Pfeffer aus der Mühle ab. Ohne Deckel lies ich den Sud sachte einreduzieren und schwenkte dann mit Butter gut durch. (1 – 2 EL). Interessant ist, dass die Karotten nach dieser Prozedur exakt leicht bissfest und glänzend mit der Buttersauce überzogen waren.
Majoran entwickelt explosionsartig sehr dominante Aromen – also äußerst vorsichtig damit umgehen.
Karotten und Fleisch erhielten auf dem Teller noch eine Garnierung von gehackter Petersilie.
Immer wieder großartig, was ich hier lesen darf. Mein Kompliment!
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Hört sich gut an. Das nachkochen würde ich aber in den Herbst verschieben. Da passt Wild besser, finde ich.
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