Steak Tartare mit French Fries
aus Anthony Bourdain`s „So koche ich im Les Halles, NY“
Steak tartare avec frites
de Anthony Bourdain`s „Les Halles Cookbook, NY“


Z U T A T E N
„Eigentlich wurde das Restaurant Les Halles erfunden, um dieses Gericht zu kreieren“,
schreibt Anthony Bourdain in seinem Vorwort zu diesem Rezept.

Beim Überfliegen der Zutaten wußte ich, das muss ich machen. Ich will wissen, wie es geschmeckt haben könnte, wie es wirklich geschmeckt hat, werden wir leider nie erfahren.
Also sprach ich, was brauchen wir denn alles, kaufte das Fehlende ein, ergänzte, wo nötig, meine Vorräte und stürzte mich wieder einmal in das Abenteuer eines neuen Rezepts.
Ich freute mich darauf, einzelne Zutaten schon während der Zusammenstellung oder spätestens bei der Zubereitung kosten zu dürfen, um dann zu sehen, welchen Einfluß diese Nuance im Reigen der Ingredienzen noch haben würde, wenn alles zu einer Symphonie der Aromen verschmolzen sein würde.

- 200 g Hack vom Sirloin-Steak
- 1 Eigelb
- 1 EL Dijonsenf, 2 EL für den, ders intensiver mag
- Anchovis oder 1 EL Sardellenpaste
- 1 EL Tomatenketchup
- 1 TL Worcestershire Sauce
- 1/4 Tasse Olivenöl
- 1 EL Cognac oder Weinbrandt
- 1/2 Zwiebel oder 1 Schalotte
- 1 EL Kapern
- 30 g Cornichons, fein gehackt
- 2 Stängel Petersilie, fein gehackt
- Tabasco wie im Originalrezept nach Geschmack, wer es möchte.
Anthony schlägt als erstes ein Eigelb in eine Schüssel.
Da fing es schon an. Ich wollte das getrennte Ei auf dem Tatar sehen, wenn es fertig angerichtet ist. (…ich löste übrigens mal einen Lachanfall bei einer Exfreundin aus, weil ich damals noch dachte „Ei trennen“ bedeutet, das Ei von der Schale zu trennen, diese Erklärung schien mir am plausibelsten.
Dass tatsächlich das Gelbe vom Ei – das meine Kochkunst damals noch nicht war, wenngleich aber durchaus fröhlich und jungfräulich – vom weißen Glibber geschieden werden sollte bei der Zeremonie, hat sie mir dann zwischen Glucksen und Lachtränen schon sehr klar gemacht.
Ein bis zwei Eßlöffel Dijonsenf wanderten nun wieder rezeptkonform in die TubaSchüssel.
Eine Freundin meiner Mutter sagt immer „Tuba“ wenn sie „Tupper“ meint, aber es weiß ja jeder was gemeint ist. Böse Zungen behaupten ja, die Tupperschüsseln werden längst zu etwas viel Delikaterem eingeschmolzen, ich sag nur „Es rappelt im Karton“, aber das ist wohl auch nur ein Gerücht.
Statt Anchovis verwendete ich Sardellenpaste – bitte um Vergebung – etwa einen Eßlöffel davon, und dann – selbst Anthony muss dazu schreiben, dass es alles schon seine Richtigkeit damit hat – einen ganzen Eßlöffel Tomatenketchup, einen Teelöffel Worstershire-Sauce (…der Franke sagt „Wortschester“) gut vermischen und dann mit dem Schneebesen 1/4 Tasse Olivenöl einarbeiten.
Zum Schluss der Vorbereitung noch einen Eßlöffel Cognac oder Weinbrandt hinein, eine halbe Zwiebel roh (ich habe 1 Schalotte feingehackt und in Olivenöl gedünstet dafür), 1 Eßlöffel Kapern, 30g feingehackte Cornichons und 2 Stängel gehackte Petersilie. Frisch gemahlenen schwarzen Pfeffer nach Geschmack dazu.
Anthony gibt noch Tabasco rein nach Geschmack, aber das is gar nicht mein Ding.
Beim Umheben des Holztellers mit der „mis-en-place“ vom Photoshooting-Set zum Ofen, erwischte meine Wohnung eine mittlere Anbrandung der ohnehin im Frühjahr sehr starken Erdanziehung und die Cornichons und das Ei wurden schlagartig Richtung Erdmittelpunkt beschleunigt, was der Küchenboden aber jäh stoppte. Piloten können ein Lied davon singen.
Auch im Herbst ist dann noch einmal eine Phase starker Gravitation, die zu der einen oder anderen harten Landung führt. Das Ei hatte keine Chance. Bedauerlich.
Zum Schluß wird die feine Sauce nun um die Hauptzutat ergänzt. 200 g Fleisch vom Sirloin Steak.
Das Sirloin-Steak ist ein sehr großes, mageres Steak aus dem hinteren Ende des flachen Roastbeefs mit Knochen, jedoch ohne Filet. Allein die Szene bei dem REWE Metzger werde ich nie vergessen, alle waren total nett bemüht im Internet nachzusehen, was genau jetzt ein Sirloin ist, ein Metzger und 2 Fachverkäuferinnen – und fast nahm es partymässige Züge an. Man versprach sich Bilder und Rezepte auszutauschen und trennte sich unter Tränen und gegenseitigen Liebesbezeugungen.
Das Sirloin Steak wird sehr fein per Hand in ein Tartar geschnitten, das noch Textur und Biss hat und ein Mundgefühl, das weit von Haferbrei entfernt ist.
Wer es im Mixer macht, kann gleich die Hand mit reinstecken, weil aus ihm ohnehin nie ein Koch wird. (…die Japaner sagen Teriyaki Harakiri)
Alles mit der sauberen Hand oder einem Löffel gut durchmischen und auf einem Teller im Servierring anrichten.
Zwischenzeitlich haben wir auch Kartoffeln geschält, gestiftelt und in kochendem Salzwasser 20 Minuten vorgegart.
Sie wurden abgetrocknet und in einer Mischung aus Schweineschmalz und Sonnenblumenöl goldbraun frittiert.

Gerne wäre ich auch hier Anthonys Empfehlungen gefolgt, er frittiert sie zwei mal in Erdnussöl und trocknet sie dazwischen auf einem Tuch vom Frittierfett. Wo gibt es günstiges Erdnussöl?
Nein, ich komme jetzt nicht mal eben nach Guangzhou oder Bangalore.

Die Pommes werfen wir nach dem Abtrocknen auf den Teller mit dem Servierring und dem Steak Tartare, trennen ein Ei und drapieren das Gelbe auf der delikaten Fleischmasse, nachdem wir vorsichtig den Ring abgezogen haben. Das Ei hat einen starken Fluchtreflex, wenn man vorher keine Kuhle in den Tartare gemacht hat. Auf die French Fries streuen wir noch großzügig feines Meersalz.
Bon Appetit

Food Reiner Grundmann
Titel des Buches: Google Bildersuche